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Hui Neng

Der 6. Patriarch des Chan

Hui Neng (japanisch Eno) der spätere sechste Patriarch des Chan-Buddhismus (jap. Zen), kam aus sehr armen Verhältnissen und lebte ursprünglich in Kwangtung in Südchina. Seinen Vater hatte er früh verloren und er half seiner Mutter, den Unterhalt für die Familie zu erwerben, indem er Holz auf dem Markt verkaufte.

Als er eines Tages in ein Geschäft Feuerholz lieferte, hörte er wie ein Mönch das Diamant-Sutra rezitierte.

Als er das Zitat hörte: "Wenn der Geist bei nichts verweilt, dann erscheint der wahre Geist." hatte er die Erleuchtung. Sofort beschloss er, Mönch zu werden und zog, nachdem er sichergestellt hatte, dass seine Mutter versorgt war, in den Tung Chian Tempel, wo der fünfte Patriarch Hung Jen ( auch Hongren; jap. Konin) residierte.

Zu diesem vorgelassen, warf er sich vor ihm nieder und sprach: "Ich bin ein einfacher Mensch und möchte Euch den Respekt erweisen." Der Patriarch fragte ihn, woher er komme und was er wolle, worauf Hui Neng antwortete er käme aus Kwangtung und strebe die wahre Buddhaschaft an. Der Patriarch antwortete: Du bist ein Barbar aus dem Süden. So einer kann kein Buddha werden. Hui Neng antwortete: Auch wenn die Menschen aus Süden und Norden verschieden sein mögen. In der wahren Buddhaschaft gibt es kein Nord und Süd. Ein Barbar mag anders aussehen als Euer Heiligkeit, aber in seiner Buddha-Natur ist er doch gleich.

Bevor man sich jetzt als fragt, wie ein erleuchteter Mann (der fünfte Patriarch) ein solches Vorurteil gegen Menschen (in diesem Fall aus dem Süden) haben kann, muss man erklären, dass es sich hierbei um ein so genanntes Dharma-Gefecht handelte.

Da ein Erleuchteter einen anderen Menschen schon sehr schnell an den kleinsten Dingen einschätzen kann, wollte hier der Patriarch testen, wie tief die Einsicht des Jungen ist, der da vor ihm stand. Daher ist es so, dass es in diesen Dharma-Gefechten keine eigentlichen Gewinner und Verlierer gab, aber dass hier der scheinbare "Verlierer" des Gesprächs, der tatsächliche "Gewinner" ist, da er einen ihm würdigen Schüler gefunden hatte.

Tief beeindruckt von der Tiefe des Jungen aus dem Süden nahm er ihn als Schüler auf. Jedoch konnte Hui Neng als Analphabet noch nicht die Mönchsordination erhalten und wurde als Küchenhelfer im Kloster eingesetzt.

Eines Tages, als er seine Zeit gekommen sah, versammelte der fünfte Patriarch Hung Jen alle Schüler um sich und forderte sie auf, in einem Gedicht seiner Lehre, die er ihnen beigebracht hatte, Ausdruck zu verleihen, damit er sehen könne wie weit sie vorangeschritten waren. Der Fähigste von Ihnen sollte sein Nachfolger werden.

Da sich alle Schüler unfähig fühlten, Worte zu finden, die der Lehre des Patriarchen gerecht werden könne, überließen sie es Shen Hsiu (auch Shenxiu), der einer der Ordensältesten war und als der weiseste unter den Schülern des Patriarchen galt, einen Vers zu verfassen.

In der Nacht schrieb dieser also an die Tempelwand ein Gedicht, das übersetzt ungefähr wie folgt lautet:

Der Körper ist der Bodhi-Baum,
der Geist gleicht einem klaren Spiegel.
So müssen wir ihn ständig reinigen,
damit sich kein Staub darauf setzen kann.

Hui Neng betrachtete das Gedicht und bat einen anderen Mönch, für ihn ein Gedicht anzuschreiben. Dieser tat es und Hui Neng ließ ihn schreiben:

Im Grund ist der Bodhi gar kein Baum,
noch gibt es einen Spiegel.
Da alles leer von Anbeginn,
wo heftet denn Staub sich hin.

Der Patriarch las beide Gedichte und erkannte, dass Shen Hsiu zwar "am Tor angekommen war, aber noch nicht hindurch geschritten".

Auch von dem Gedicht von Hui Neng zeigte er sich zunächst offenbar unbeeindruckt. Allerdings bat er heimlich Hui Neng, ihn um Mitternacht aufzusuchen.

Dort übergab er ihm die Robe Bodhidharmas und die Bettelschale (Insignien der Macht der Patriarchen) und schickte ihn davon, aus Angst man könne ihm was antun. Er riet ihm, in den Süden zu ziehen und sich dort für eine Zeit verborgen zu halten und nicht zu lehren.

Kaum war Hui Neng davon gezogen, geschah was der fünfte Patriarch hatte kommen sehen: Da auch Mönche nur Menschen sind und mit der Übertragung des Patriarchats auf einen Barbaren aus dem Süden überhaupt nicht einverstanden waren, machten sich gleich viele Dutzend auf den Weg, Hui Neng zu verfolgen.

Einer von ihnen, ein ehemaliger General namens Hui Ming, (von ihm hieß es: er war heißblütig und unkontrolliert) erwies sich als besonders hartnäckig und nach zwei Monaten gelang es ihm, Hui Neng am Berg Dayu Ling zu stellen.

Aussichtslos in seiner Lage legte Hui Neng die Robe auf einen Felsen und rief: "Diese Robe stellt den Glauben dar, mit Gewalt lässt sie sich nicht entreißen." Als Hui Ming am Felsen ankam und die Robe an sich nehmen wollte, ließ sie sich nicht aufheben. Da rief er Hui Neng zu, daß er nicht die Robe, sondern den Dharma finden wollte.

Da trat Hui Neng zu Hui Ming und fing direkt an, ihn zu unterweisen: "Da der Grund deines Kommens also der Dharma war, befreie dich vom Denken, halte den Kopf ganz leer. Dann werde ich dich lehren.

Nach geraumer Zeit der gemeinsamen Meditation fragte Hui Neng den Hui Ming: "Wenn Du gerade weder gut noch schlecht denkst, was ist deine wirkliche Natur (Buddha Natur)?" Als Hui Ming dies hörte, erfuhr er ebenfalls Erleuchtung.

Diese Frage nach dem ursprünglichen "Antlitz" verbunden mit der Forderung, dieses unmittelbar und ohne Einsatz von - in dualistischen Vorstellungen verhaftetem - Denken zu demonstrieren, wird bis auf den heutigen Tag in Begegnungen zwischen Zen-Meister und -Schüler gestellt.

Hui Neng wurde der berühmteste Ch´an(Zen)-Meister in der chinesischen Geschichte. Er verfasste die einzige Sutra die als chinesische buddhistische Sutra angesehen wird. Diese wurde als die Plattform-Sutra bekannt. Seine Schule des plötzlichen Erwachens ist die einzige überlebende große Chan-Schule des chinesischen Buddhismus. Später verbreiteten Hui Neng's Anhänger das Dharma über ganz Asien.